Datterode

Datterode ist ein Ortsteil der Gemeinde Ringgau im Werra-Meißner-Kreis, Hessen.

Geographie

Datterode liegt im Tal der Netra im westlichen Teil der Landschaft Ringgau auf etwa 240 m über NN. Der Ort ist das größte Dorf der Gemeinde.

Geschichte

Datterode ist vermutlich keine gewachsene Siedlungsgründung, sondern die Häuser wurden um eine Wehrkapelle an einer strategisch wichtigen Stelle im Netratal errichtet, sodass ein wehrbarer Innenhof entstand. Der Ort wurde zum ersten Mal 1140/41 in einer thüringischen Urkunde als „Dathenrot in pago Nedere“ (Datterode im Gerichtsbezirk Netra) erwähnt, kurze Zeit später nochmal am 9. November 1141 in einer Urkunde des Mainzer Erzbischofs Markolf von Mainz. In dieser bestätigte er dem Kloster Northeim die durch den Grafen Siegfried IV. von Northeim/Boyneburg gemachten Schenkungen und machte das Kloster zusätzlich zehntberechtigt für mehrere Orte an Wehre und Netra, unter anderem „Datdenroth“. Das Kloster besaß auch ein kleines Gut in der inzwischen von Datterode überbauten Wüstung Wiebersbach am Oberlauf des Hasselbachs. Der Besitz des Klosters Northeims ging später an das Kloster Bursfelde, das 1448 seine Güter in und um Datterode an die Boyneburger verkaufte. Das Zehntrecht des Northeimer Klosters wiederum gelangte über das Adelsgeschlecht von Nesselröden 1360 an das Kloster Germerode. Nach der Säkularisation des Klosters 1527 in der Zeit der Reformation wurden die Abgaben an die Datteröder Pfarrei übertragen.

Der Ort mit seiner Pfarrei selber war zur Zeit der ersten urkundlichen Erwähnung im Besitz der Grafen von Northeim. Nach deren Aussterben 1144 gingen ihre Besitzungen über Hermann II. von Winzenburg und Heinrich den Löwen an die Landgrafen von Thüringen. Als Kaiser Friedrich Barbarossa eine am 13. Juni 1188 geweihte Kapelle auf der Boyneburg in Auftrag gab, erwarb er unter anderem „Tattenrode“ vom thüringischen Landgrafen Ludwig III. für diese als Unterhaltsicherung. In der Folge war der Burgkaplan auch für die Filialgemeinde in Datterode zuständig. Dieses Verhältnis drehte sich im 14. Jahrhundert, als die Geistlichen begannen, sich Pfarrer von Datterode zu nennen und die in ihrer Bedeutung gesunkene Kapelle auf der Boyneburg seelsorgerisch mit zu versorgen.

Vermutlich im 15. Jahrhundert, spätestens 1510, kamen der Ort und die Pfarrei in den Besitz der Landgrafen von Hessen. Der in der Zeit von 1501 bis 1510 bezeugte Doktor Konrad Schrendeisen, Kanoniker und Offizial am St.-Petri-Stift in Fritzlar, war zu diesem Zeitpunkt Inhaber der bislang eigenständigen Pfarrei in Datterode, stellte sie dann aber unter den Schutz des Landgrafen. Damit hörte die eigenständige Pfarrei Datterode auf zu bestehen und wurde fortan vom Landgrafen direkt verliehen.

In der Zeit der Reformation wurde der Ort durch seine Zugehörigkeit zur Landgrafschaft Hessen nach der Homberger Synode protestantisch, ungefähr im Jahr 1528 nahm der erste protestantische Pfarrer seine Arbeit auf. Eine mittelbare Folge der Synode war die Einrichtung einer Dorfschule um das Jahr 1580. Im Verlauf des 16. Jahrhunderts wurden verschiedene Vasallen des Landgrafen mit dem Dorf belehnt, erster Lehensnehmer war 1522 Werner von Trott zu Solz. Nach einer Reihe von weiteren Lehensnehmern, unter ihnen von 1576 bis 1581 der landgräfliche Kammermeister Simon Bing, behielt der Landgraf von Hessen-Kassel das Lehen Anfang des 17. Jahrhunderts für sich. In dieser Zeit wurde der Ort dem Gericht Bilstein zugeschlagen, später kam er dann zum Amt Eschwege. 1583 verlegte Landgraf Wilhelm IV. die Zollstelle an der Handelsstraße von Thüringen nach Hessen von Ulfen nach Datterode. Wegen seiner Lage an einer wichtigen Straße wurde das Dorf in den folgenden Jahrhunderten oft Durchgangsstation für durchziehende Heere.

Im Dreißigjährigen Krieg, besonders in den 1630er Jahren, wurden über die Hälfte der Höfe Datterodes zerstört oder verlassen, und die Bevölkerung musste Kriegsabgaben leisten.

Bei einer Zählung im Jahr 1745 betrug die Einwohnerzahl 373 in 87 Häusern. Zur Zeit des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges zogen durch den sogenannten Soldatenhandel unter Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel 32 Datteröder in den Krieg nach Amerika, von denen 15 wieder heimkehrten, 10 dort blieben und 6 durch Kampf oder Krankheit verstarben.  Im 19. Jahrhundert, zwischen 1835 und 1872, wanderten 83 Einwohner nach Amerika aus.

20. Jahrhundert

Um 1910 wurde von einer Genossenschaft eine Wasserleitung gebaut, an die sich im Laufe der nächsten zwei Jahrzehnte alle Haushalte anschlossen. Dieses Leitungssystem wurde erst 1961 von der Gemeinde übernommen. In den 1910er Jahren erfolgte auch der Anschluss an das Stromnetz. Im Ersten Weltkrieg fielen 19 Datteröder, 3 wurden als vermisst gemeldet. Das Dorf hatte 1925 727 Einwohner in 145 Häusern. Im Zweiten Weltkrieg fielen 50 Bewohner, 16 blieben vermisst. Der Ort wurde am 3. April 1945, dem Osterdienstag, von US-amerikanischen Truppen besetzt. Im Gegensatz zu Nachbardörfern wurden dabei keine Höfe in Brand geschossen, am Dorfrand wurden aber zwei fliehende deutsche Soldaten erschossen.

 

Nach dem Krieg lag der Ort im Zonenrandgebiet und die Einwohnerzahl sprang von 850 (im Jahr 1939) auf 1098 (1949), da viele Flüchtlinge (229 Personen) und Evakuierte (28 Personen) aufgenommen werden mussten, diese verteilten sich auf 158 Häuser. In den 1950er Jahren verwirklichte die Gemeinde einige Bauprojekte durch freiwilligen Arbeitseinsatz der Bewohner. Im Jahr 1953 entstand ein Ehrenmal, 1954 wurde das Schwimmbad gebaut und 1960 der Aussichtsturm „Berliner Turm“. In den 1950er Jahren wird auch in der gesamten Ortslage eine Kanalisation gebaut. Im Zuge der Gebietsreform in Hessen schloss sich die bis dahin selbstständige Gemeinde Datterode am 1. April 1972 mit dem Nachbarort Röhrda zur Gemeinde Netratal zusammen. Diese wurde schon zwei Jahre später, am 1. Januar 1974, in die Gemeinde Ringgau eingemeindet. Im selben Jahr bekam der Ort den Titel Luftkurort verliehen. 1976 belegte Datterode den 2. Platz beim Landesentscheid des Wettbewerbs „Unser Dorf soll schöner werden“, später konnte noch einmal der Bezirksentscheid gewonnen werden.

Nach der Grenzöffnung 1989 verlor Datterode die bisherige Randlage, unmittelbare Folge war ein verstärktes Verkehrsaufkommen auf der Bundesstraße 7. Dies und finanziellen Probleme der Gemeinde Ringgau führte zu dem Verlust des Luftkurortsprädikats.

Im Jahr 2001 rückte der Ort in das mediale Interesse, als ein seit 1946 im Dorf unter falscher Identität lebender niederländischer Kriegsverbrecher enttarnt wurde.

Wappen

Das Wappen der Gemeinde Datterode wurde am 31. August 1957 vom Hessischen Innenminister genehmigt.

Wappenbeschreibung: Im siebenmal von Silber und Rot geteiltem Schild ein rotbewehrter schwarzer Adler

Bauwerke

Dorfkirche

Die Datteröder Dorfkirche gehört zu den ältesten im Werra-Meißner-Kreis. Das besondere ist das romanische Langhaus mit seinen hochgelegenen Rundbogenfenstern, weswegen eine Wehrfunktion der Kirche vermutet wird, und die spätmittelalterlichen Wandmalereien im Inneren. Der Bau erhielt in mehreren Etappen das heutige Erscheinungsbild. Das erwähnte romanische Kirchenschiff stammt vermutlich aus dem 12. Jahrhundert, der an der westlichen Seite angebaute Querturm wurde etwas später errichtet. Der polygonal geschlossene Chor wurde vermutlich erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts angefügt. Bei der Renovierung der Kirche in den 1960er Jahren wurden die übermalten Wandmalereien aus dem Spätmittelalter entdeckt und wieder freigelegt.

Ehrenmal

Auf einer kleinen Erhebung am südwestlichen Dorfrand, dem „Löhchenkopf“, wurde 1953 mit Hand- und Spanndiensten und freiwilliger Arbeit ein Ehrenmal errichtet. Es besteht aus einem 18 Tonnen schweren Natursteinkreuz und einer Ringmauer, auf der auf sechs Gedenktafeln die Namen der gefallenen und vermissten Datteröder der beiden Weltkriege sowie die Gefallenen und Vermissten des Zweiten Weltkriegs der zugezogenen Familien Heimatvertriebener eingearbeitet sind. Auf halben Weg hinauf zu der Anlage befindet zusätzlich ein Gedenkstein für die Opfer der Vertreibung. Das Kreuz wird zu besonderen Anlässen oder zum Beispiel in der Adventszeit illuminiert. Am Volkstrauertag findet dort jährlich eine Kranzniederlegung mit Gottesdienst statt.

Berliner Turm

1960 wurde auf dem 410 m hohen Hüppelsberg teilweise in Eigenleistung ein Aussichtsturm errichtet und auf den Namen „Berliner Turm“ getauft. Dieser wurde 1994, nachdem die ihn umgebende Bäume überragten, von der Gemeinde aufgestockt und dient heute auch einer Mobilfunkgesellschaft als Antennenträger. Der Turm kann ganzjährig kostenlos bestiegen werden.

Anger

Obwohl Datterode kein Angerdorf ist, gibt es dennoch einen Anger. Dieser wurde bereits im 16. Jahrhundert erwähnt, damals existierte auch noch ein „Kleiner Anger“, der vermutlich neben der Kirche lag. Der Anger blieb bis in die 1960er Jahre weitgehend unverändert, er bestand aus einem Steinquaderkreis unter Lindenbäumen. Danach wurde er umgebaut, der Boden betoniert und neue Bäume gepflanzt. In den 1990er Jahren wurde dies rückgängig gemacht und versucht, dem Anger wieder das ursprüngliche Erscheinungsbild zu geben. Der Anger besteht nun wieder aus dem Steinquaderkreis und zwei roten und zwei weißen Kastanienbäumen, die die hessischen Landesfarben darstellen sollen. In der Mitte des Platzes befindet sich seit 1997 die sogenannte „Barnhouse-Linde“, die von Nachfahren in den USA gebliebenen hessischen Soldaten aus Datterode gespendet wurde. Neben dem Anger befindet sich auch das „Gänsekerle-Denkmal“.

Wüstungskirche bei Gut Harmuthshausen

Am Fuße der Boyneburg befinden sich neben dem Gut Harmuthshausen die ausgegrabenen Grundmauern der Kirche der Wüstung Hademarshausen. Der Ort wurde 1320 als Besitz derer von Boyneburg erstmals erwähnt und vermutlich bald nach 1370 verlassen. Die Überreste der Kirche wurden 1971 beim Pflügen entdeckt und bis 1975 ausgegraben. Der Bau stammt vermutlich aus dem 11. oder 12. Jahrhundert und war 16 m lang und besaß zunächst eine Apsis, die aber später durch einen rechteckigen Chor ersetzt wurde. In einem kleinen Anbau wurden neben mehreren Skeletten zwei Grabplatten entdeckt, vermutlich wurden dort adelige Grundbesitzer bestattet. Außerhalb der Kirche wurde ein Brunnen und mehrere Gräber ausgegraben.

Die Grundmauern wurden restauriert und können besichtigt werden, die Grabplatten sind am Gut Harmuthshausen ausgestellt.

Naturdenkmale

Am Südrand des Dorfes befindet sich der „Eckerbaum“, eine ungefähr 700 Jahre alte Rotbuche.

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